Robotik AG an der IGS List
Schülerinnen programmieren Weihnachtsmann im Labyrinth
Lionel (11) und Keno (11) aus der 6. Klasse an der IGS List lieben es in der Robotik AG eher praktisch: Die beiden Jungs bauen gerade Stück für Stück einen Freefall Tower aus einem Freizeitpark nach, der es ihnen angetan hat. Anregungen dazu holen sie sich aus dem Internet. Amelie (10) und Serine (11) aus einer 5. Klasse wollen dagegen gleich programmieren. „Der Weihnachtsmann soll mit seinen Geschenken durch ein Labyrinth laufen, bevor er die Kinder beschenken darf“, erklärt Serine stolz ihre Idee. Sie und ihre Freundin schauen sich dazu auf den Laptops Youtube-Tutorials aus Silicon Valley an. Die zeigen, wie einfach so etwas geht. Auf dem einen Laptop schauen sie zu – mit einem zweiten programmieren sie anschließend. „Das Thema heißt Programmieren vor dem Hintergrund Weihnachten. Per Drag and Drop werden Bausteine zusammengesetzt. Grundlage dazu bilden grafische Scratch-Programme. Nächste Woche werden dann die Spiele präsentiert“, macht Franziska Grimes den Lernfortschritt deutlich. Sie ist Fachlehrkraft an der IGS List für Informatik, Mathematik und Spanisch. 80 Minuten dauert eine AG-Stunde. Einmal pro Woche kommen die Schülerinnen und Schüler in den Klassen 5 und 6 nach Geschlechtern getrennt zusammen – wegen ihrer unterschiedlichen Interessen. Weil ein Informatiklehrer erkrankte, sind dieses Mal die zwölf Jungen und zwölf Mädchen zusammen. Ab Klasse 7 sind dann alle gemeinsam in der AG.
„Über die Robotik-AG lernen die Schülerinnen und Schüler Chancen und Risiken der Automatisierung kennen“, berichtet Gesamtschuldirektorin Dr. Petra Hoppe. Die AG soll Lust auf Technik machen und die Kinder auf das Arbeitsleben vorbereiten, in dem Roboter inzwischen ein fester Bestandteil sind. „Die Robotik-AG ist auch ein Freiraum, in dem die Schüler ganz viel ausprobieren können. So können sie Scheitern als Chance erleben, aber auch selbst herausfinden, wie sie mit Frustrationen zurechtkommen“, weiß Fachlehrerin Grimes. Mädchen könnten so auch spielerisch ihre Selbstwirksamkeit testen.
Das Technologielabor Robotik ist noch eine ziemlich neue Sache an der IGS List mit ihren 670 Schülerinnen und Schülern. Ende September 2021 kam Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay zur Eröffnung. 50.000 Euro spendierte die Landesinitiative n-21, 5.000 steuerte die Stadt bei. Angeschafft wurden ein großer Industrieroboter und 16 kleinere Roboter sowie Laptops zum Programmieren. Alle Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 5 bis 10 können das Labor nutzen. Neben den zahlreichen AGs finden dort auch Wahlpflichtkurse und Fachunterricht statt. Gerade ist das Programm ausgelaufen. „Wir haben beim Digitalpakt Niedersachsen einen Antrag auf eine weitere Förderung gestellt“, berichtet die Schulleiterin. Denn die 50.000 Euro reichten gerade mal für die Grundausstattung. Mit dazu gehören Fortbildungen für die Lehrenden und ein Netzwerk mit anderen Schulen in der Region zum Erfahrungsaustausch.
Im engen Austausch ist man beispielsweise mit der KGS Hemmingen. „Wir haben die gleichen Roboter angeschafft. Das hat beispielsweise Vorteile bei den Fortbildungen“, weiß Petra Hoppe. Auf Initiative von Professor Dr. Uwe Groth, Landesvorsitzender des VDI, gründeten die KGS Hemmingen und die IGS List ein Robotik-Powerteam. „Wir tauschen uns mit Uwe Groth und der KGS Hemmingen intensiv aus und haben einige ihrer gute Ideen übernommen. So schaffen wir gemeinsame Synergieeffekte“, freut sich Hoppe. Auch den auf Veranlassung von Uwe Groth an der KGS entstandenen Wahlpflichtkurs Jet-Challenge probierte die IGS List aus.
Die fruchtbare Kooperation mit der KGS Hemmingen bezeichnet Hoppe als das kleine Robotik-Netzwerk. Alle von n-21 geförderten Schulen im Raum Hannover bilden das große Netzwerk. Eine wichtige Rolle als Netzwerkmanager spielt dabei Johannes Felbermair, kommissarischer Fachbereichsleiter Informatik an der IGS List. Seine halbe Stelle dazu bei n-21 fiel jedoch dem Spardiktat der Landesregierung zum Opfer.
„Uns schwebt freies Forschen vor – mit einer Roboter-Forscherwerkstatt. Aber das ist Zukunftsmusik“, weiß Petra Hoppe. Dabei läuft in den großen Unternehmen – den späteren Arbeitsplätzen ihrer Schülerinnen und Schüler – kaum noch etwas von Hand. Berufsorientierung wird in der IGS List sehr ernst genommen: Firmen wie Holcim, Gundlach und Kaufland bieten Praktikumsplätze an. Ausbildungslotsen in der IGS unterstützen die Schülerinnen und Schüler auf der Suche nach dem richtigen Arbeitgeber.
Dass man einen Roboter auch ganz anders im Unterricht einsetzen kann, beweist Julian Frankl. Er ist Fachlehrkraft für Mathematik, Informatik und Religion an der IGS List. „In der 6. Klasse haben wir im Naturunterricht das Thema Gelenke behandelt. Die Schülerinnen und Schüler sollten herausfinden, wer beweglicher ist – ein Mensch oder ein Roboter. Natürlich hat der Mensch gewonnen.“ Auch im Fach Gesellschaftslehre findet im Jahrgang 8 zum Thema Automatisierung Unterricht im Robotiklabor statt. Durch den Einbau von Robotik in den Regelunterricht wird sichergestellt, dass alle Schülerinnen und Schüler der IGS in ihrem Schulleben mit Robotern gearbeitet haben.
Die IGS List wurde 2018 mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet. In der Laudatio dazu heißt es unter anderem: „Durch lernförderliches Feedback und Lernentwicklungsberichte ermöglicht sie Schülerinnen und Schülern Orientierung. Erfolge und Ergebnisse werden in Lernentwicklungsordnern dokumentiert. Im Lerndialog zwischen Schülern, Eltern und Lehrern werden Fördermaßnahmen vereinbart und Zielvereinbarungen geschlossen. Schülerinnen und Schüler werden zu Lernexperten und helfen in der neunten und zehnten Klasse als Lerncoaches den Jüngeren. Die Übernahme von Verantwortung ist an der IGS List Alltag. Von einer kleinen Stadtteilschule hat sie sich zu einem differenzierten System einer Gesamtschule mit angeschlossener Oberstufe herangebildet und ein Entwicklungs- und Qualitätsnetzwerk mitaufgebaut.“