Nexster - den Funken zünden und Gründer begeistern
Da steht ein Zebra auf dem Flur. Es heißt Martin und steht für Innovation, schräge Ideen und dafür, die Welt ein Stück weit besser zu machen. Martin ist eine Plastik und steht für das, was seit Herbst 2022 im Venture Lab des Entrepreneurship-Centers an der Hochschule Hannover abgeht. Das Kind hat auch noch einen kürzeren Namen – Nexster. „Unser Alleinstellungsmerkmal bei Nexster: Wir wollen Gründer begeistern, den Funken in ihnen entzünden und zeigen, wie geil es ist, die Welt durch eigene Kraft zu gestalten“, sagt Christian Lehmann. Er ist seit 2016 bei Nexster dabei und hat eine Professur für Entrepreneurship und Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. Die Leitung des Entrepreneurship-Centers teilt er sich mit dem Initiator Gunnar Spellmeyer. Der hat eine Professur für Design und genauso verrückte Ideen wie Lehmann. So hat er bei der Ideenfindung 150 verschiedene Assoziationen zu Nexster gefunden – von hipster über sportster bis zu roadster – um nur einige zu nennen. Alles begann vor mehr als drei Jahren mit einem befristeten Efre-Projekt. Inzwischen finanziert die Hochschule Hannover zwei Stellen permanent.
Die Lehre von Lehmann und Spellmeyer erschöpft sich nicht im Vermitteln von Fachwissen. „Der Lernerfolg ist viel größer, wenn Du eine Aufgabenstellung bekommst. Daher mache ich mit meinen Studierenden nur Projekte. Vor allem entwickeln wir nachhaltige Geschäftsideen. Am besten sollen sie diese die Umwelt verbessern und sich rechnen. Businesspläne sind Schrott – es sei denn, Du willst Fleischer werden“, sagt Lehmann mit einem Augenzwinkern. Zu seinen Schwerpunkten schreibt er auf der Hochschul-Website über sich: „Innovative Geschäftsmodelle, erklärungsbedürftige Dienstleistungen, unangenehme Fragen“. Bei Spellmeyer liest sich das so: „Coaching, Kreativität, Design Thinking, Existenzanalytische Beratung, Innovationsmanagement, Strategie zur Entwicklung eines Institutional Entrepreneurship Mindset“. Damit gemeint ist ein kreativer Prozess mit den Gründungswilligen, der auf der Website der Hochschule unter „Was ist Nexster?“ so beschrieben wird: „Zuerst lehnen wir uns entspannt zurück und hören zu, um mehr über dich und dein Vorhaben zu erfahren. Dann lehnen wir uns interessiert vor und fragen nach: zum „Was und Wie“, vor allem aber zum „Warum“ und „Wozu“. Denn wer auf die beiden letzten Fragen sinnvolle und sinnstiftende Antworten gibt, verschafft sich und seinem Unternehmen den entscheidenden Vorteil gegenüber Mitbewerbern. Dann krempeln wir die Ärmel hoch: Gemeinsam mit Dir entwickeln wir deine Entrepreneur-Persönlichkeit weiter und feilen an deiner Idee. Wir vernetzten Dich mit relevanten Spezialisten aus unterschiedlichen Fachbereichen der Hochschule Hannover und initiieren Kontakte zu anderen Gründern, etablierten Unternehmern, hilfreichen Impulsgebern und potenziellen Förderern.“
Dabei hat es sich Nexster zur Aufgabe gemacht, Gründungswillige zu echten Entrepreneuren zu entwickeln. „Darunter verstehen wir Personen, die sich durch einen hohen und umfassenden Qualitätsanspruch auszeichnen. Sie verfügen sowohl über das notwendige Handwerkszeug als auch mentale und intellektuelle Fähigkeiten, um ihre Gründung zu einer Erfolgsgeschichte werden zu lassen“, beschreibt Fynn Wolken, Entrepreneurship-Coach bei Nexster den kreativen Prozess. Mehr dazu gibt es auf Instagram unter Mit.System.Gründen.
Auf das Venture Lab an der Hochschule Hannover mit seinen bis zu zehn studentischen Teams sind inzwischen arrivierte Unternehmen wie VGH, Forvia, die Deutsche Messe AG, Bosch und Miele aufmerksam geworden. Ein studentisches Team umfasst im Gründungs-Inkubator vier bis sechs Mitglieder und einen Partner von Unternehmensseite. Man lässt sich rund drei Monate Zeit für die Entwicklung eines gemeinsamen Gründungsvorhabens. „Wir haben zwei Projekte in der Umsetzung“, freut sich Prof. Lehmann. Worum es genau geht, darf er noch nicht sagen. Wohl aber, dass Nexster alle Gründungsprojekte orchestriert und leitet. „Durch den Verkauf eines Startups können wir die nächste Idee finanzieren. 20 Prozent davon bekommen wir“, beschreibt Lehmann den Reigen vor seinem geistigen Auge. Wie gesagt, man ist noch am Anfang.
Prof. Dr. Uwe Groth, Vorsitzender des VDI Landesverbands Niedersachsen, war von Anfang an vom Nexster-Konzept überzeugt. Er stellte daher den Kontakt zu Forvia her und konnte dort auch Sascha Heiden, Leiter der Innovationsabteilung, von Nexster und seinem Venture Lab überzeugen. Forvia ist Mitglied im VDI-Kuratorium, wo das Thema Innovation im Mittelpunkt steht. „Wir müssen stärker mit Industrie, Schulen und Wissenschaft kreativ zusammenarbeiten, um die Welt von morgen und damit unsere Zukunft gestalten zu können“, ist Groth überzeugt. Natürlich ist er auch vom Fach, hat er doch eine Professur für Entrepreneurship an der Leibniz Fachhochschule Hannover.
„Für das Venture Lab suchen wir noch Unternehmen. Alle die eine Fragestellung von existenzieller Bedeutung haben, die nicht über einen Werkvertrag vergeben werden kann, sind uns herzlich willkommen. Was sie bei uns auch finden, sind potenzielle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – und innovative Ideen und Produkte, die wir für sie entwickeln“, betont Professor Lehmann. Als Beispiel nennt er den Sitzehersteller Faurecia, der 2021 von Stadthagen nach Hannover umzog und dabei seinen Namen nach der Fusion mit dem Lichtspezialisten Hella in Forvia änderte. „Die kamen im Oktober 2020 zu uns, weil sie als Marke erkennbar sein wollten. Jeder Hintern spürt uns, aber kein Auge sieht uns. Nur der Einkäufer von VW wusste wirklich, wie gut Faurecia ist“, berichtet Lehmann.
Man analysierte gemeinsam die Bandbreite der Produkte von der Skitasche im Kofferraum bis zur Massagematte und dem Rucksack – und setzte das werkseigene Logo drauf. „Das können wir – und darauf sind wir stolz“, fanden die Faurecianer gemeinsam mit Nexster heraus. Daraus entstand die Idee eines Forvia-Clubs mit echten Mitgliedern. So wurde aus Minderwertigkeitskomplexen echter Stolz – und damit eine Success-Story.