Quanteningenieurwesen: Lokal studiert, weltweit gefragt

Neue Masterstudiengänge in Braunschweig und Hannover

Student mit Schutzbrille steht in einem abgedunkelten Labor und justiert einen grünen Laser auf einem Tischaufbau und hat vor sich einen Laptop stehen.
Der Studiengang „Quantum Engineering“ schafft neue Wege, die Welt der Quanten kennenzulernen.

An der Schwelle zur zweiten Quantenrevolution gelangt die Quantenphysik von der Grundlagenforschung in die industrielle Anwendung. Quantencomputer, Quantensimulation, Quantenkryptographie und Quantensensorik sind nur einige der Bereiche, die derzeit durch die Quantentechnologie revolutioniert werden. Anwendungen, die gestern noch unmöglich schienen, lassen sich plötzlich mithilfe der Quantentechnologien realisieren. Auch Industrieunternehmen weltweit investieren in diese Bereiche. Dies führt zu einem wachsenden Bedarf an qualifiziertem Personal, der gegenwärtig kaum gedeckt werden kann.

Bisher kommt dieses Fachpersonal beinahe ausschließlich aus der Physik. Nur dort erhalten Studierende bislang die notwendigen theoretischen und mathematischen Grundlagen. Das liegt daran, dass Themen wie Quantencomputing noch immer stark in der physikalischen Grundlagenforschung verankert sind.  Die großen IT-Unternehmen zeigen jedoch, dass ein Wandel bereits begonnen hat. Sie stellen ihre ersten Quantencomputer-Prototypen bereits online zur Verfügung, damit künftige Userinnen und User schon jetzt ihre Ideen damit umsetzen können. Die Firmen wollen diese Ideen. Sie zeigen ihnen, wer sich kommerzielle Quantencomputer wünscht und was man damit alles machen kann. Forschung und Anwendung gehen dort Hand in Hand.

Gemeinsam bereiten die Technische Universität Braunschweig und die Leibniz Universität Hannover ihre Studierenden mit neuen englischsprachigen Studiengängen wie „Quantum Technologies in Electrical and Computer Engineering“ auf diese neue Anforderung vor. Mit zwei verknüpften Masterstudiengängen ermöglichen sie Studierenden der Elektro- und Informationstechnik bis hinein in die Informatik, selbstständig Ideen für Quantencomputer und -technologien zu entwickeln.  In ihren Fachbereichen sollen sie die Schnittstellen zur Welt der Quanten kennenlernen können, ohne dafür allumfänglich Quantenphysik betreiben zu müssen. Mit anderen Worten: Das Know-how der Physik soll in die Breite gebracht werden.

Welche Kompetenzen müssen Quanteningenieurinnen und -ingenieure denn eigentlich besitzen? Mit der rasant steigenden Zahl von Quanten-Start-ups und dem Einzug von Quantentechnologien in die Breite der Industrie wird diese Frage zur europaweiten Herausforderung. Eine Herausforderung, der sich zum Beispiel die Physikdidaktik der TU Braunschweig stellt. Sie erfasst europaweit die Bedarfe der Industrie und schärft dadurch zukünftige Berufsbilder zu Quantentechnologien. Was muss man dafür erlernen? Wer wird gebraucht? Aus der Vogelperspektive betrachtet entsteht auf diese Weise ein modularer Kompetenzrahmen.

Die neuen Quanten-Masterstudiengänge orientieren sich wiederum an diesem Rahmen. In Hannover und Braunschweig bedeutet das eine praxisnahe Ausbildung an den hauseigenen Quantentechnologien. Während in den Laboren Quantencomputer auf Basis gefangener Ionen entstehen, haben die Studierenden die Möglichkeit, mithilfe von Virtual Reality direkt in die Ionenfalle hineinzublicken und den sicheren Umgang in Ruhe zu lernen. So wird die Stärke der Region, das Quantum Valley Lower Saxony, für die Studierenden zugänglich. Sie können dank der dicht verwobenen Zusammenarbeit der Leibniz Universität Hannover, der TU Braunschweig und der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt auf ein breites Spektrum an Kompetenzen zugreifen.

Autoren dieses Beitrags: Prof. Dr. Tobias Voß und Laurenz Kötter, Institut für Halbleitertechnik, TU Braunschweig und ist zuerst erschienen im iQ-Journal 01/2024, dem Magazin des VDI Braunschweig.

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