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Die soziale Verantwortung des Arbeitgebers

Nachwuchs-Ingenieur*innen legen zunehmend Wert auf die soziale Verantwortung des Arbeitgebers

– Unsere ehemalige wissenschaftliche Hilfskraft Vivian Bochem schrieb ihre Masterarbeit in Zusammenarbeit mit dem Projekt „ingenieurregion.de“ –

Der Fachkräftemangel der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU), insbesondere in Bezug auf den Ingenieurnachwuchs, ist eines der bedeutendsten Themen für den zukünftigen Arbeitsmarkt in Deutschland. Zusätzlich verlangen kommende Generationen von Arbeitnehmer*innen zunehmend nach der Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung durch ihre zukünftigen Arbeitgeber und achten häufiger auf weichere Faktoren bei der Arbeitgeberwahl, als lediglich auf ein angemessenes Gehalt. Diese Faktoren in Form von Corporate Social Responsibility (CSR) Maßnahmen der Nachhaltigkeitsbereiche Ökonomie, Ökologie und Soziales hat unsere ehemalige wissenschaftliche Hilfskraft Vivian Bochem im Rahmen ihrer Masterarbeit untersucht.

Die Befragung

Dazu dienten die Leitfragen…

  • Welche Ausrichtung anhand der Nachhaltigkeitsdimensionen Ökonomie, Ökologie und Soziales ist für die angehenden Ingenieur*innen von Bedeutung bei der Wahl des Arbeitgebers?
  • Welche Implikationen im Hinblick auf konkrete CSR-Maßnahmen von KMU lassen sich aus dem Meinungsbild potenzieller Bewerber*innen unter der Berücksichtigung verschiedener Variablen ableiten?
  • Inwiefern würde die Zielgruppe beispielsweise schlechtere Gehaltskonditionen akzeptieren, um für ein ethisch handelndes Unternehmen zu arbeiten?

… als Basis für eine Online-Befragung, die Ende 2018 in Zusammenarbeit mit dem Projekt „ingenieurregion.de“ durchgeführt wurde. Die Ergebnisse der Befragung und deren zukünftige Verwendung für die Unternehmensprofile auf „ingenieuerregion.de“ werden in den folgenden Abschnitten erläutert

Zielgruppe der Befragung

Studierende von Hochschulen und Universitäten aus der Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg, die den Generationen Y (1980er bis 1994) und Z (1995 bis 2010) angehören, sogenannte „Digital Natives“. Es haben insgesamt 228 Studierende an der Befragung teilgenommen

Variablen

Die Erstellung der abgefragten Variablen beruhte auf vorherigen Studien und vereinte sie, um die oben genannten Fragestellungen zu bedienen. Die untersuchten Variablen mit ihren Merkmalsausprägungen, die konkret in der Umfrage abgefragt wurden, sind in der folgenden Tabelle zu sehen:

Die Variablen orientieren sich an den Nachhaltigkeitsdimensionen Soziales, Ökologie und Ökonomie und sind nach unternehmensintern und unternehmensextern ausgerichteten CSR-Maßnahmen unterteilt. Dabei ergeben sich die Variablen Personalmanagement (mitarbeiterorientierte CSR-Maßnahmen), Umweltschutz am Arbeitsplatz (Maßnahmen zum Schutz der Umwelt innerhalb des Unternehmens), Nachhaltige Wirtschaftsweise (zukunftsorientiertes Wirtschaften des Unternehmens), Unternehmensumfeld (Engagement für soziale Zwecke im regionalen und globalen Umfeld des Unternehmens), Globaler Umweltschutz (ökologisches Engagement außerhalb des Unternehmens) sowie Nachhaltige Beziehungen (zukunftsorientierte Geschäftsbeziehungen des Unternehmens).

Anhand der in der Tabelle dargestellten Maßnahmen wurde ein Fragenkatalog entwickelt, in dem die angehenden Ingenieur*innen auf einer Skala von 1 bis 5 für ihre präferierten CSR-Maßnahmen abstimmen konnten, wobei 5 der beste Wert war. Außerdem konnten sie die Wichtigkeit bestimmter Bereiche auch dadurch hervorheben, indem sie zum Beispiel angaben, auf einen bestimmten Prozentsatz ihres Gehalts zugunsten von gesellschaftlichem Engagement ihres Arbeitgebers verzichten zu wollen.

Insgesamt waren 72% der befragten Teilnehmenden männlich, 26% weiblich und 2% divers. Dabei gaben mehr als ¼ der Befragten an, nach ihrem Studienabschluss in einem kleinen oder mittelständischen Unternehmen (KMU) arbeiten zu wollen. Im Allgemeinen legen die Studierenden mehr Wert auf die unternehmensintern ausgerichteten CSR-Maßnahmen (siehe Tabelle oben), als auf die unternehmensextern ausgerichteten Maßnahmen.

Das Ranking der CSR-Bereiche durch die Priorisierung der Studierenden zeigt, dass eine Nachhaltige Wirtschaftsweise mit den in der obigen Tabelle dargestellten CSR-Maßnahmen auf dem ersten Platz liegt. Diese Rubrik stellt auch die finanzielle Sicherheit und Arbeitsplatzsicherheit dar, insofern war dieses Ergebnis nicht sehr überraschend. Auf dem zweiten Rang sehen die Befragten das Personalmanagement mit seinen mitarbeiterorientierten Benefits und auf dem dritten Rang schnitt die Rubrik Nachhaltige Beziehungen ab. Die Umweltschutz-Bereiche und das Unternehmensumfeld erreichten die Plätze 4 bis 6 und sind damit – zumindest im Zeitraum der Befragung, in der Metropolregion – von den jungen Ingenieur*innen als weniger wichtig erachtet worden.

Die Anzahl der Studierenden, die einen Gehaltsverzicht (über 0%) als Ausgleich für das gesellschaftliche Engagement des Arbeitgebers erwägen, ist im Bereich Personalmanagement im Vergleich zu allen anderen CSR-Bereichen am höchsten. Danach folgen die Nachhaltige Wirtschaftsweise und der Umweltschutz am Arbeitsplatz. In beiden Rankings ist zu erkennen, dass die Rubrik Unternehmensumfeld jeweils auf dem letzten Platz abschneidet. Dies zeigt, dass das soziale Engagement im regionalen oder globalen Umfeld des Unternehmens von den zukünftigen Beschäftigten am wenigsten nachgefragt wird. Im Durchschnitt gaben die Studierenden an, dass sie auf 6,3% ihres Gehalts verzichten würden, wenn ihr Arbeitgeber sich dafür in einem der CSR-Bereiche engagiert. Dies ist schon ein beachtlicher Prozentsatz, der zeigt, dass das soziale Engagement bei der Wahl des Arbeitgebers nicht egal ist.

Ein Ranking der einzelnen CSR-Maßnahmen ist in der untenstehenden Tabelle dargestellt. Dort sind von 44 abgefragten Maßnahmen die von den Studierenden als Top-10 bewerteten Maßnahmen herausgestellt. Auch hier wurden insbesondere die CSR-Aktivitäten als wichtig identifiziert, die zu den Rubriken Nachhaltige Wirtschaftsweise und Personalmanagement gehören.

Die mit Abstand als am wichtigsten gewertete Maßnahme ist der „Einsatz ehrlicher, unbestechlicher Führungskräfte“, was so viel bedeutet, dass die Erwartungen der ingenieurwissenschaftlichen Studierenden an das integre Arbeiten der Führungskräfte sehr hoch sind. Dies verdeutlicht eine grundlegend ethische Einstellung, die den Generationen Y und Z häufig in Studien zugeschrieben wird.

Auf den zweiten Rang wurde die „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ gewählt und auf den dritten Rang die „Arbeitsplatzsicherheit“ im Sinne von unbefristeten Arbeitsverträgen. Passend dazu folgt auf dem vierten Platz die „Finanzielle Stabilität des Unternehmens“, welche diese begünstigen sollte. Weitere wichtige Maßnahmen sind die „Möglichkeiten zur fachlichen Weiterbildung“, eine transparente und offene Unternehmenskultur sowie Kommunikation und eine „gute Work-Life-Balance“, die unter anderem durch „flexible Arbeitszeiten“ (Rang 9) begünstigt wird. Als einzige Umweltschutzmaßnahme in den Top-10 sehen die Jungingenieur*innen die „Maßnahmen zur Reduktion des Energie- und Ressourcenverbrauchs“ als wichtig an.

Als Empfehlung aus den Befragungsergebnissen ergibt sich im Allgemeinen die strategische Ausrichtung der Unternehmen insbesondere auf die CSR-Bereiche Nachhaltige Wirtschaftsweise und Personalmanagement sowie auf jeweils individuell zu dem Unternehmen passende Maßnahmen aus den anderen CSR-Bereichen, sofern ein Unternehmen eine sozialere strategische Ausrichtung zum Zweck der Akquise angehender Ingenieur*innen anstrebt.

Im Detail können diese Maßnahmen im Bereich Nachhaltige Wirtschaftsweise zum Beispiel aus einem sicheren Finanzmanagement und der Schaffung sicherer Arbeitsplätze bestehen. Ein Compliance Management System würde die Erwartungen der Studierenden, dass Führungskräfte ehrlich und unbestechlich agieren sollen, unterstützen. Dies ist in großen Unternehmen bereits üblich und wäre für KMU mit Sicherheit auch eine Bereicherung und eine Investition mit langfristigem Nutzen.

 

Im Bereich Personalmanagement können KMU sich ebenfalls einen Wettbewerbsvorteil bei der Akquise von jungen Ingenieur*innen schaffen, indem sie insbesondere eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen. Dazu gehören nicht nur flexible Arbeitszeiten, sondern auch spezielle Angebote für Eltern wie zum Beispiel eine Kinderbetreuung im Betrieb. Ebenso sind Freizeitangebote wie Teamevents, Gesundheitskurse, gesundes Kantinenessen und ausreichende Möglichkeiten zur Weiterbildung der Beschäftigten besonders wichtig, um den Anforderungen der jungen Generationen als Arbeitgeber gerecht zu werden.

 

Je nach Unternehmensstrategie sollten außerdem Maßnahmen für eine offene, freundschaftliche Unternehmenskultur ergriffen werden. Beispielhafte Maßnahmen sind die Etablierung einer „Du-Kultur“, Teambuilding oder soziales Engagement durch gemeinschaftliche Corporate-Volunteering-Events. Zudem sollten Produkte und Unternehmensprozesse hinsichtlich der Ressourcenschonung optimiert werden. Das Ziel sollte es sein, Kosten durch umweltverträgliche Maßnahmen einzusparen. Ein klassisches Beispiel ist hier das Einsparen von vermeidbaren Stromkosten, sodass sich nicht nur Imagevorteile, sondern auch finanzielle Vorteile aus der Umsetzung von CSR-Maßnahmen ergeben können.

Die Fragen zur Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung sollten sich auf alle Bereiche der Nachhaltigkeit beziehen: Ökologisch, Ökonomisch und Soziales. Insbesondere die Dimensionen der ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit sind bei der Zielgruppe ingenieurwissenschaftlicher Studierender gefragt, deshalb sollten vorhandene Benefits der Unternehmen in diesen Bereichen hervorgehoben werden. Die Abfrage aller drei Nachhaltigkeitsdimensionen ist jedoch unerlässlich, da die wahren Stärken jedes KMU herausgestellt werden sollten, welche sehr individuell sein können und sollten, um sich am „Arbeitgebermarkt“ attraktiv zu positionieren. Ein besonderer Fokus der Zielgruppe liegt auf den zuvor dargestellten Top-10 CSR-Maßnahmen und deren unterschiedlichen Umsetzungsmöglichkeiten. Wenn die befragten KMU einzelne dieser Maßnahmen umsetzen, sollte dies entsprechend in dem Unternehmensprofil auf „ingenieurregion.de“ hervorgehoben werden.

Wenn Sie als KMU Interesse an einer Präsentation Ihres Unternehmens auf „ingenieurregion.de“ haben, wenden Sie sich gerne an uns und wir schicken Ihnen den entsprechenden Fragebogen zu.

Für weitere Fragen zu den Befragungsergebnissen von Vivian Bochem oder zu den Unternehmensprofilen wenden Sie sich ebenfalls gerne an uns!