Revolutionäre Elektro-Enduro NTRX
Der Gewinner des Innovationspreises Wilhelmshaven 2023 kommt ins EEZ
Der 27 Jahre alte David Schoone finalisiert gerade seinen Masterabschluss für Maschinenbau an der Jade-Hochschule in Wilhelmshaven und seine besondere Erfindergeschichte startete er schon sehr früh.
Mit einem Kindercross-Motorrad fing es mitten in Ostfriesland an
Im Alter von fünf Jahren drehte David Schoone mit einer Enduro „PW50 von Yamaha“ seine ersten Runden. Na klar, und dann musste sich der Steppke und sein Kindercross-Motorrad auch auf der legendären Motocrossstrecke in Halbemonde bei Norden in Ostfriesland mit anderen messen. Doch die weiten Fahrstrecken machten regelmäßige Trainings schwer möglich, denn Halbemond ist circa eine Stunde Fahrzeit von Schortens entfernt, wo David Schoone heute noch lebt. Mit den über die Jahre größer, lauter und damit auffälliger werdenden Geländemotorrädern konnte aber auch nirgendwo sonst gefahren werden.
So keimte 2014 erstmals die Idee eines elektrisch angetriebenen Crossmotorrads in dem Motorsport-Enthusiasten auf: Ein Konzept, das zu dem Zeitpunkt am Markt kaum verfügbar und für den damaligen Schüler unerschwinglich teuer war.
Nach einem schweren Motorradunfall: Jetzt erst recht!
2015 ereilt ihn ein schwerer Motorradunfall. „Da hatte ich viel Zeit zum Nachdenken.“ Sein Plan: Ich will wieder Motocross fahren – aber elektrisch, ohne Lärm- und Umweltprobleme. Seine Idee: Ein bestehendes Chassis nehmen und darin einen Elektromotor mit modularem Akkusystem einbauen. Dann die Erkenntnis: Bisherige Chassis lassen sich kaum sinnvoll elektrifizieren. Also musste ein eigenes Chassis entwickelt werden – gezwungenermaßen. Optimale Voraussetzungen für ein großes Akkusystem soll ein Nabenmotor schaffen. Eine Recherche von Schoone ergibt: „Die sind alle luftgekühlt und damit viel zu leistungsschwach. Die Alternative, klassische Mittelmotoren, sind dagegen durch ihr geradverzahntes Getriebe laut und tragen mit ihrer offenen Kette Ölschmiermittel ins Grundwasser.“ Er überlegt kurz, ob er sein Konzept über den Haufen werfen soll. Dann der Entschluss: „Ich bleibe beim Nabenmotor. Der ist leise, wartungsarm, verschmutzt nicht die Umwelt, hat keine Getriebestufen und vor allem kaum mechanische Verluste.“ Dafür musste der Nabenmotor aber von Grund auf neu entwickelt werden.
Die Erfindung: Ein wassergekühlter Elektro-Nabenmotor mit Axialflussprinzip
Der Tüftler entscheidet sich, für den neuartigen Elektromotor ein eigens konzipiertes Wasserkühlkonzept mit dem elektromagnetischen Aufbau nach dem Axialflussprinzip zu kombinieren. Das Axialflussprinzip als physikalisches Konzept ist zwar am Markt bekannt, doch bislang ist niemand auf die Idee gekommen, dieses in einem solchen Antriebskonzept anzuwenden. „Ich bin weltweit der erste, der sowas macht“, sagt der heute 27-jährige Ingenieur mit einem Bachelor in Maschinenbau. Das Wasserkühlkonzept für das modulare Elektro-Bike ist folglich seine erste Innovation – die zweite der Motoraufbau mit Nutzung des Axialflussprinzips.
Mit NRGY AXF 500S ist schnell ein Name gefunden – und ein Patent für Deutschland eingereicht, das mittlerweile sogar erteilt ist. Patente für Europa und die USA sind ebenfalls angemeldet.
David Schoone gewinnt damit den Innovationspreis 2023 der Stadt Wilhelmshaven
Kaum fährt er mit seinem neuen Konzept-Bike ins Licht der Öffentlichkeit – schon hagelt‘s Preise: 2020 Gewinn des Jade Start-up Tages in Wilhelmshaven. 2021 Sieg bei der Prototypenparty in Oldenburg. 2022 der erste Platz bei der Jade-Ideenwerft in Wilhelmshaven. 2023 dann sein größter Erfolg: Der Gewinn des Innovationspreises Wilhelmshaven in der Kategorie Technische Innovation.
Auf Hochtouren werden dafür jetzt auch neue Akkutechnologien entwickelt
David Schoone geht jetzt noch weiter und entwickelt gerade für die Akkumodule des Motorrads ein Verpressungssystem für die Lithium-Ionen Zellen. Denn er weiß: Wenn von den 100 bis 120 Einzelzellen nur eine den Bach runter geht, ist der gesamte Akku Schrott. „Mein Plan ist, dass man verbrauchte Zellen so einfach austauschen kann wie die Batterien in einer Fernbedienung. Dann ist der ganze Akku wieder fit.“ Der Daniel Düsentrieb aus Schortens entwickelt also mal eben so nebenbei eine neue Akkutechnologie für seine NTRX. Mit elf Akkumodulen ist seine Enduro für bis zu 400 Kilometer Reichweite gerüstet. Damit nicht genug: Mit ihrem modularen Aufbau und einfach montierbaren Erweiterungs-Kits lässt sich die NTRX im Handumdrehen vom Vollcrosser für Motocrossstrecken in eine straßentaugliche Enduro oder Supermoto bis zum vollwertigen Adventure- oder Rallye-Bike aufrüsten. Mehr als fünf Jahre Entwicklung, Erprobung und Perfektionierung stecken in Schoones Innovation.
Über 500 Nm Drehmoment bei maximal 1100 Umdrehungen verfügt der 60 PS Motor. Das reicht für 130 km/h und damit fürs Gelände allemal. Es gibt nur noch ein einziges rotierendes Teil – den mit der Felge verbundenen Rotor des Elektromotors. Keine Gänge, keine Getriebestufen – dafür eine direkte, brachiale Kraftübertragung.
Und auch da will David Schoone ansetzen: Das Drehmoment will er auf 600 bis 700 Nm weiterwickeln: „Die Herausforderung lautet: Den Motor so drehmomentstark und so leicht wie möglich zu bauen!“
Das Gesamtkonzept „Envecotricity“ soll in Serie gehen!
Envecotricity nennt Schoone sein Gründungsprojekt. Es verschmilzt die Begriffe Environment, Ecology und Electricity. Wann geht die NTRX in Serie? „Mitte 2025“, sagt Schoone. Wenn alles so klappt, wie er es sich vorstellt. Dafür erhält er ab 2025 das einjährige Exist-Gründungsstipendium des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz.
Damit will der junge Erfinder die Vorserie für die ersten drei Motorräder zusammenbauen, und mit neuen Werkzeugmaschinen und speziellen Vorrichtungen will er dann eine Kleinserienfertigung mit einem Motorrad pro Woche – 50 pro Jahr – aufbauen. Um diesen Prozess zu beschleunigen benötigt er jedoch noch höhere Investitionssummen und -partner.
„Wenn der Verkauf gut anläuft läuft, wäre es sicher eine spannende Erfahrung, in die Höhle der Löwen zu gehen“, sagt Schoone. Entwicklungsarbeit, Design und wegweisende Entscheidungen sind seine Kernkompetenz; damit will er möglichst organisch wachsen und so lange wie möglich die Wege seines Unternehmens selbst bestimmen. Mit dem richtigen Investitionspartner sieht der Gründer jedoch das Potential, sein Startup zu weit mehr als nur einer kleinen Manufaktur wachsen zu lassen.
Präsentation im EEZ Aurich beim VDI Ostfriesland
Am 23. November 2024 folgt David Schoone der Einladung von Dipl.-Ing. Volker Kuhnert, des Vorsitzenden des VDI Ostfriesischer Bezirksverein e.V., ins EEZ Aurich und stellt dort den Mitgliedern und Gästen des VDI Ostfriesland die Story seiner einzigartigen Elektro-Motorrad-Erfindung vor. Und vielleicht sehen wir ihn dann später in der Höhle der Löwen erfolgreich pitchen.
Autoren dieses Beitrags: Harald Langguth, Volker Kuhnert, David Schoone